41 Tag der Passionszeit, 14. April 2025
Es war auf einer Jugendfreizeit in Hamburg, damals noch von meiner hessischen Gemeinde aus. Unsere Tochter Tabea war wie meistens mit – sie mag damals sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, aber wo Papa hinfuhr, da wollte sie immer gerne dabei sein. Am Abend saßen wir noch im Bistro in der Jugendherberge mit dem Blick über den Hafen und tranken einen alkoholfreien Cocktail. Die Jugendlichen unterhielten sich nicht gerade leise, Musik lief auch an der Bar, aber Tabea war längst eingeschlafen. Sie lehnte an der Eckbank und schlief tief und fest. Wie schön, wenn man in solchem Trubel einfach schlafen kann!
Jesus schläft auch, erzählt die Bibel. Die anderen im Boot haben alle Hände voll zu tun, ein Sturm tobt, Segel müssen gerafft, Ruder mit aller Kraft auf Kurs gehalten werden, Kommandos werden hin- und hergeschrien gegen die Lautstärke des Sturmes an, Wasser schwappt über die Reling. Und Jesus schläft. Der Tag war lang, er ist erschöpft, hat sich noch ein Kissen geschnappt und ist ganz schnell eingeschlafen.
Und seine Freunde im Boot haben Angst: vor dem Sturm und vor dem Kentern. Sie sind so beschäftigt mit sich, dass sie ihn ganz vergessen. So oft hat er doch schon bewiesen, dass er über besondere Gaben und Kräfte verfügt. Jesus ist mit im Boot, und sie denken gar nicht an ihn. Oder wollen sie seine Ruhe nicht stören? –
Und wir? Wie oft hab ich mich schon in notvollen Situationen abgemüht, den Kopf zermartert, was ich tun kann, gerackert und geschwitzt und kam doch nicht von der Stelle. Wie oft wollte ich mir beweisen, alles im Griff zu haben, jetzt schnell wieder auf Kurs zu kommen und hab mich überschätzt und ihn übersehen. Bis ich endlich daran dachte diesen Jesus herbeizuholen, die Hände zu falten, zu ihm zu beten, ihm meine Angst zu schildern, einfach zu stammeln: Herr, hilf!
In dem Moment, wo sie Jesus wecken und um Hilfe bitten, wird alles gut. Wie selbstverständlich steht Jesus auf. Streckt die Hand aus gegen den Sturm, sagt das erlösende Wort: „Verstumme!“ Und der Wind legt sich. Das Boot kommt wieder in ruhiges Fahrwasser. Und alle kommen wohlbehalten am Ufer an.
Nicht jeder Sturm endet so glimpflich, und nicht immer reicht ein Ruf: „Jesus“, und sofort ist alles wieder gut. Aber es ist der entscheidende Anfang: wenn wir nicht mehr auf das schauen, was uns Angst macht, sondern dorthin, wo Hilfe ist. Wenn wir nicht das betrachten, was uns das Leben schwer macht, sondern zu dem schauen, der uns liebhat und unser Verbündeter ist. „Jesus!“ Ich erlebe das mitunter an einem hektischen Tag. Dass ich auf Kreuz schauen muss, in meinem Zimmer oder in der Kirche, dass ich mich davor setze, zur Ruhe komme, bete. Und auf einmal atme ich tief durch und fühle mich – ja, irgendwie gestärkt, beschützt, gelassener, ruhiger. Es ist einfach gut zu wissen: Jesus sitzt mit im Boot! Bleibt behütet!
Foto: Auf dem See Genezareth