13. Tag der Passionszeit, 26. Februar 2024
Eigentlich sind wir ja schon in der dritten Woche der Passionszeit angekommen – aber lasst uns nochmal auf den Bibelvers der zweiten Woche schauen: „Hör ich da nicht meinen Liebsten? Ja, da kommt er auch schon! Er springt über die Berge, hüpft herbei über die Hügel. Mein Liebster redet mir zu: „Schnell, meine Freundin, komm doch heraus!“ (Hohelied 2,8-10)
Verse aus dem Hohenlied – eine so wunderbar durch und durch weltliche Liebesdichtung in der Bibel, in der zwei frisch Verliebte die Vorzüge des jeweils anderen preisen und ziemlich vor sich hin schmachten. Das ist Liebe: wenn man es gar nicht erwarten kann den anderen zu sehen! Dass es das Hohelied überhaupt in die Bibel geschafft hat, hat auch damit zu tun, dass man bald in die Sehnsucht die Liebe zu Gott mit hineingelesen hat. Wobei das Wort „Gott“ nur an einer Stelle im Hohenlied vorkommt: „Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des Herrn!“ Aber auch dieser einzige Gottesbezug in den 8 Kapiteln dieser Schrift ist in der neueren Lutherübersetzung aufgehoben, da heißt es statt „Liebe ist eine Flamme des Herrn“: „Liebe ist eine gewaltige Flamme.“ So wie in der Bibel häufig das Wort für „Gott“ auch einfach „riesig, gewaltig“ bedeuten kann: ein „Gottesschrecken“ ist ein „gewaltiger Schrecken“, ein „Gotteswind“ ist ein gewaltiger Sturm. Das übrigens macht die Stelle gleich im ersten Kapitel der Bibel in der Schöpfungsgeschichte so spannend und vieldeutig: schwebte am Anfang über den Wassern wirklich Gottes Geist (1, Mose 1,2)? Oder – da Geist in der Bibel auch Sturm und Wind bedeutet – fegte über den Wassern ein Gotteswind, also ein Sturm, was ja durchaus einen ganz anderen Akzent setzt?
Auf jeden Fall steht das Hohelied in der Bibel, und das ist gut so, denn es ist wunderbare Poesie. Und es erinnert uns daran, dass Liebe, auch wenn Gott in diesem Hohelied nicht explizit vorkommt, immer ein wunderbares Gottesgeschenk ist. Was wäre mein Leben ohne meine Herzensmenschen an meiner Seite, die Menschen, die ich von ganzem Herzen liebe? Liebe ist ein wunderbares Gefühl und dass ich Menschen auf dieser Erde weiß, von denen ich mich geliebt fühle, ist doch eine der wichtigsten Antriebsfedern für jeden Tag und lässt uns auf der Erde erst uns heimisch wissen … Wenn ich von einer Fortbildung auf dem Heimweg bin – welche Vorfreude verspüre ich da auf daheim, auf Menschen, die schon auf mich warten? Und manchmal, wenn man sich länger nicht gesehen hat, läuft man sich ganz ungeduldig entgegen um sich endlich in den Arm nehmen zu können …
Jetzt, wo unsere Kinder schon erwachsen sind, freut man sich manchmal sie überhaupt mal kurz zu sehen. „Gegen 11, halb zwölf bin ich da“, schrieb unsere „Kleine“ am Samstag Abend eine WhatsApp und meinte Sonntag Mittag. Was freute ich mich gestern nach dem Gottesdienst auf das gemeinsame Mittagessen! Sie war aber noch nicht da. Na ja, am Nachmittag war ich dann erstmal mit dem Rad los. Gegen 16.00 Uhr, als ich heimkam, war sie dann doch eingetrudelt. Kurze Begrüßung. „Ich bin dann mal weg, wir sehen uns morgen!“ Und schon war sie wieder verschwunden. Tja, als Eltern muss man dann manchmal auch schon mal für ein Viertelstündchen gemeinsame Zeit dankbar sein!
Also, genießt eure Momente mit euren Herzensmenschen – es ist ein Geschenk, jeder Augenblick! Und Gott? Ist das nicht herrlich, dass wir ihn auch an unserer Seite haben: ihn, der uns liebt, wie wir sind? „Ja, da kommt er schon, er springt über die Berge!“ Sollte Gott so jeden Tag unterwegs sein auf dem Weg zu uns: er springt vor Freude dir, mir entgegen, will keinen Schritt an deiner, meiner Seite verpassen, gesellt sich immer wieder gerne dazu? So wie in der Geschichte vom Verlorenen Sohn der Vater dem Sohn entgegenläuft, weil er es gar nicht mehr aushalten kann ohne ihn? Und umgekehrt – wäre ja auch ein schönes Bild, wenn wir manchmal durchs Leben springen und tanzen, weil wir auf dem Weg zu Gott sind. Etwa zum Gottesdienst am Sonntag morgen. Springen und hüpfen, herbeilaufen und an der Kirchentür atemlos rufen: „Schnell, meine Freundin, mein Freund, eben: mein Gott: hier bin ich, komm schnell heraus, ich freue mich so auf dich!“ Wir haben einen Gott, der uns liebt. Einen Gott – selber zum Liebhaben! Bleibt behütet!