31. Tag der Passionszeit, 15. März 2024
Lesungstext für die fünfte Woche der Passionszeit: Apostelgeschichte 16,9: „Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: ein Mann aus Makedonien stand da und bat ihn: ‚Komm herüber nach Makedonien und hilf uns.‘
Da ist Paulus ja schon in der halben Weltgeschichte unterwegs, hat sogar das abgelegene Galatien bereist um dort von Jesus Christus, von dem Heil, das mit Jesus in die Welt kommt, von Kreuz und Auferstehung zu erzählen. Und dann hat er diesen Traum. Ein Mann aus Philippi – ein Mensch aus Europa ruft ihn: Komm herüber nach Makedonien und hilf uns! – Makedonien, Griechenland, Europa – das ist ganz schön weit weg, das war eigentlich gar nicht die Richtung, in die Paulus vorhatte als nächstes zu reisen. Ein anderer Teil der Welt: Makedonien, eine römische Provinz im heutigen Griechenland, wo ganz andere Götter verehrt wurden...Aber die Erscheinung bei Nacht war deutlich, und ihre Botschaft klar: „Komm herüber nach Makedonien und hilf uns!“
Paulus hatte womöglich zunächst Angst sich zu verzetteln, in der Nähe gab es doch noch vertrautere Orte genug, die dringend auf einen Besuch durch ihn warteten, wo noch niemand oder schon länger keiner mehr von Jesus und seiner Botschaft erzählt hatte. Wie würde er dort in Mazedonien überhaupt aufgenommen, würde man auf ihn hören, sich interessieren für das, was im vom Griechenland doch ganz schön fernen Galiläa und in Jerusalem passiert ist? Würde es für die Griechen nicht wie eine Torheit klingen, dass der, der am Kreuz hängt, zugleich Gottes Sohn ist? Und dass da einer starb und auferstand? Ja, in Griechenland gab es Mysterienreligionen, die vom Tod und Auferstehen von Göttern erzählten, so wie die Sonne abends unterging und morgens wieder aufging. Aber dass jemand als Mensch geboren wurde und als Mensch starb, für unsere Sünden, und auferstand uns allen zur Hoffnung, zu Vergebung, zum Heil? Dass Gott Mensch wird. Dass von dem Juden Jesus Heil für alle Welt ausgeht. Und dass Jesus ganz und gar Mensch und doch zugleich Gott ist. Das musste für griechische Ohren völlig unerhört sein.
„Komm herüber und hilf uns!“ Wenn Gott einen solchen Traum schickt. Wer kann sich dann weigern?
„Komm rüber und hilf mir!“ Wenn dich jemand so ruft – wie kannst du es wagen das zu ignorieren oder dich für nicht zuständig zu erklären? Wenn das ganze Land hier in Aufruhr ist und Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden, verschiedene Lager gar nicht mehr miteinander reden können, so viel Häme und Unversöhnliches auf Menschen herniederprasseln und sortiert wird zwischen Menschen erster Klasse, die hier her gehören, und zweiter Klasse, die zu „remigrieren“ sind. Wie können wir sagen: Sollen sich doch andere kümmern? – Paulus spürt: er kann nicht anders. Er macht sich auf den Weg nach Europa! „Komm – und hilf!“ Wer sind wir, dass wir das überhören könnten? – Bleibt behütet!
Foto: Philippi am Fluss Zygaktis - hier soll die erste Taufe auf europäischem Boden - die Taufe der Lydia in Philippi - geschehen sein